Texte

Auswahl

 

Albrecht Zauner
Druckmuseum Rankweil
2013

Magnus Pöhacker ist in erster Linie Bildhauer und Zeichner, aber er ist auch vieles mehr. Er ist Kurator, Organisator, Kümmerer, Helfer, Geschichtensammler und Erzähler, Koch, …
…PDF downloaden

 

Martin Sailer
Ein Widerhall für Magnus
2004

… Die fühlen und wahrnehmen, die sehenden Auges hier leben, Widerhall geben in ihrer ganz persönlichen Kunst. Zu diesen schöpferischen, oft unerkannten Menschen gehört Magnus Pöhacker. …
…PDF downloaden

 

Haimo Wisser
Zur Sprache der Kunst
1991

Die Arbeiten meines Freundes Magnus Pöhacker entstehen im Spannungsfeld des Gegenständlichen oder Meta-Gegenständlichen und sprechen mich direkt mit ihrer Körperlichkeit an. …
…PDF downloaden

 

Martin Sexl
Körper, Form und Kraft
2015

Ein Blick in das Atelier von Magnus oder in einen Ausstellungsraum mit dessen Zeichnungen und Skulpturen: Es ist, als ob der Künstler lange Reisen in die Ferne oder Nähe gemacht hätte, um uns Kunde zu bringen von anderen Menschen und Kulturen, fremd oder vertraut anmutenden, afrikanischen, europäischen oder auch südamerikanischen; und es ist, als ob der Künstler selbst nicht sprechen könnte zu uns, oder vielmehr nicht wollte, hat er uns doch Sprechendes mitgebracht von seinen Reisen, behauene Bilder – Köpfe, Torsi und Körper, liegende, sitzende und stehende, bedrängte, einbeinige und stolze, verdrehte, überstreckte, nach unten gedrückte und aufrechte; und es ist, als ob uns der Künstler bei der Hand nähme, um unsere Finger und Blicke über die Formen zu führen, über runde und kantige, über abstrakte und glatte, über rissige und raue, Formen aus Beton oder Metall, über Klippen, Plateaus, Gipfel und Abgründe führt er uns, manchmal traumwandlerisch sicher, manchmal stockend und verlassen von jener Sicherheit, in deren Geborgenheit sich auf Dauer nur die Marktkonformen, Mittelmäßigen, Eindeutigen oder Eloquenten einrichten können; und es ist, als ob der Künstler manchmal lächeln würde über unsere Unbeholfenheit, über die er uns hinweghilft – aber vielleicht hat er auch einfach gelächelt, weil er eine Schlucht oder eine Erhebung ertastet hat, von der er selbst noch nichts ahnte.

Der Künstler selbst ist und nimmt sich dabei nicht sonderlich wichtig: Er ist ein Vermittler, ein Botschafter, ein Intermediär, ein Lehrer, ein Gefährte auf einer Fahrt – und dafür benötigt man viel Erfahrung und Können. »Kunst« kommt vielleicht wirklich von »können«, aber wer irrtümlicherweise glaubt, dass es dabei alleine um Kunstfertigkeit geht, der hat nicht verstanden, dass der, der nur sein Handwerk versteht, deshalb noch lange kein Künstler, sondern allenfalls ein Kunsthandwerker ist. Man denke nur an Marcel Duchamp, der nicht nur malen konnte, sondern auch noch etwas anderes: Er konnte Flaschentrockner, Kleiderhaken und Fahrräder als Kunstwerke sehen und das Publikum diesen Blick auch lehren. Und auch Magnus kann nicht nur Bilder zeichnen und hauen, sondern er kann uns sehen machen, indem er uns etwas zeigt, was wir ohne seine Vermittlung nicht finden, nicht sehen würden.

Von jeder Reise bringt uns Magnus etwas Anderes, Neues mit: einen Großen Falken, der auf dem Rücken liegt und wie von seinem eigenen Sockel aufgespießt wirkt, als ob er jäh vom Himmel gestürzt wäre (oder spielte er nur, ein Ruhender Phönix, weil er gerade noch einen verschneiten Hang hinunterrutschte, wie es manche Raben im Winter machen?); Köpfe, die sich aus ihren Sockeln herauswinden und sich über die Erde erheben; stolze, ruhige Köpfe oder hingestreckte, zeitlebens, sterbende und im Schrei verstummte, die wie von einer anderen Zeit und einem anderen Ort künden; Figuren, die schwerelos zu schweben scheinen, andere, die sich kaum oder nicht mehr erheben können, und wiederum andere, die in ihren Sockeln zu stecken scheinen, festgehalten von einer Kraft, von der selbst der Künstler nichts zu wissen scheint.

Immer wieder überraschen die Werke von Magnus auch den kundigen Betrachter, denjenigen, der diese bereits zu kennen glaubt. Und immer wieder überrascht Magnus, vielleicht auch sich selbst, obwohl er sich immer und immer wieder am Gleichen abarbeitet: am (menschlichen) Körper und an der Frage, welche formalen Probleme er einem stellt. Ich kenne Magnus schon seit gemeinsamen Jugendtagen, kenne ihn als Freund, als Bildhauer und als Lehrer, und viele Geschichten könnte ich erzählen, Geschichten von Begegnungen, bei denen ich mich wie ein Novize fühlte und fühle, der vom Meister detailreiche Ausführungen zu seiner Kunst erwartet, die er nie bekommt, weil er etwas ganz anderes bekommt: keinen, der weiß, sondern einen, der kann; einen Könner, der eine Flasche Wein öffnet, ein wenig schweigsam einen Stein in seinem Händen hält, Speck schneidet oder eine Figur ins Licht rückt um eine Fluchtlinie sichtbar zu machen, bevor er in den Stein oder den Ton hineinzukriechen beginnt und dort fast verschwindet; einen Bildhauer, der einem etwas zeigt, aber nichts sagt, weil es nichts zu sagen gibt und nichts gesagt werden kann, weil man sich mit der Kunst und dem Künstler nicht auseinandersetzen kann, sondern sich diesen aussetzen muss.

Beschreiben oder gar erklären kann man weder die für die Kunst nötige Erfahrung noch die Kunst selbst. Es ist, als ob Magnus jenen Satz, mit dem Ludwig Wittgenstein seinen Tractatus vor einem Jahrhundert enden ließ, verinnerlicht hätte: »Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.« Und wie Ludwig Wittgenstein weiß auch Magnus – und vermag es uns Betrachtern zu vermitteln –, dass das, worüber man nicht sprechen kann, weit wichtiger ist als jene Fragen, die wir beantworten können. Darum sind auch die Werktitel, die man neben den Skulpturen und in den Zeichnungen von Magnus findet, eigenartig schweigsam. Es mag sein, dass solche Titel nicht sonderlich wichtig sind, aber sie sind doch Spuren des Nachdenkens über das Geformte. Was findet sich da zu lesen: Blockhafter Torso, Kantiger Torso, Frauenkopf, Frauenkopf mit Zopf, Sitzender Torso, Kleiner bewegter Torso, Überstreckter Kopf, Blockhafte stehende Figur, Kleine blockhafte Liegende, Blockhafte, Erschlagener, Gestürzter, Kleine Einbeinige, Große Einbeinige, Großer Liegender, Kopfstele etc.

Das Interesse von Magnus für den Körper, seine Form und seine Position wird in diesen Titeln deutlich, und manchmal erfahren wir auch etwas von dessen Veränderung, wenn wir Titel finden wie Metamorphose, Zeitlebens, Schwangere, Schreitender oder Kleine Bewegung. Aber nur sehr selten erfahren wir mehr, etwa von einer Tätigkeit (Wächter) oder von einer Figur aus der antiken Mythologie (Ruhender Phönix). Die Titel bewegen sich um Materialien (kantig, blockhaft) und um ruhende Positionen (sitzend, liegend, stehend), aber es geht auch um Körper, die der Zeit unterworfen sind, die sich bewegen, verändern und in der Bewegung verharren, die schwanger sind oder sterben. Und es sind oft auch Körper, die etwas erleiden und durchmachen, auf die eine unsichtbare Gewalt einzuwirken scheint.

Einige der Skulpturen von Magnus stellen die Auswirkungen einer unsichtbaren Kraft dar – so wirken sie zumindest auf mich –, die nicht mehr wirksam sein mag, aber Einbeinige, Erschlagene, Überstreckte, Gestürzte zurücklässt. Viele dieser Figuren bleiben deformiert zurück, einige halten sich aber doch noch im Gleichgewicht und bleiben in Form, weil sie selbst von etwas geleitet sind, das ihnen Kraft verleiht: So können sie zum Gegenüber werden. Welcher Art diese Kräfte sein könnten – die haltenden und drückenden, bedrängenden und befreienden – wird man als Betrachter vielleicht nie wissen, und Magnus lässt diesen im Unklaren darüber, weil er vielleicht selbst nicht recht weiß, wer oder was seine Figuren aufrecht hält und niederdrückt zugleich. Sind es gesellschaftliche Kräfte, Familie, Freundschaften, berufliche Beziehungen? Sind es Gefühle und Affekte, Liebe, Hass, Leidenschaft? Oder sind es vielleicht letztlich nichts anderes als jene archaischen Rhythmen des Lebens und Sterbens, denen wir ausgesetzt sind und ausgesetzt bleiben werden?

Aber schauen Sie selbst und machen Sie sich ein Bild, Ihr eigenes Bild.